Das Elektro-Carsharing

Lust auf etwas radikal Neues? Wie wäre es mit Carsharing? Am besten rein elektrisch! Denn die intelligente Kombination des Nutzen-statt-Besitzen-Prinzips mit Elektromobilität senkt die Treibhausgase im Verkehr, steigert die Akzeptanz für das Auto der Zukunft und bietet eine Alternative zum kostspieligen Zweitwagen.

Wie die gemeinschaftliche Nutzung von Elektroautos auf dem Land klappen kann (vgl. Begleitforschung zu den Modellregionen Elektromobilität des Bundesverkehrsministeriums), wo gute Ideen für die neue Mobilität besonders gefragt sind, zeigt ein innovatives Projekt in Füßbach (84 Einwohner), das wir im Januar auf einer Busexkursion mit dem Schnelldorfer Energiestammtisch angeschaut haben. Das liegt in Hohenlohe im Norden von Baden-Württemberg und ist ebenso erfolgreich wie Projekte im Bayerischen Wald oder im Hochschwarzwald.

Um den Einsteig in die Elektromobilität zu erleichtern und das finanzielle Risiko zu minimieren, wurde in Füßbach ein gemeinnütziger Carsharing-Verein gegründet und im März 2016 mit zwei Volkswagen E-Ups begonnen, die von dem Mobiltätsanbieter Lautlos inklusive Full-Service und Vollkasko angemietet sind. Frei nach Füßbach werden die kleinen Flitzer eFüßle genannt. Aktuell sind sechs Einzelpersonen und fünf Familien fahrberechtigt, die somit nun ihren Zweitwagen in der Garage stehen lassen oder gleich verkaufen können. Auch zwei örtliche Firmen, ein Metall- und ein Bioenergiebetrieb machen mit, nutzen die Autos u.a. für Kundenbesuche in der Region und fungieren zugleich als feste Standorte der E-Autos. So haben es die Mitglieder nicht weit zu den Autos, die weiteste Entfernung beträgt geschätzt 200 Meter.

Der zusätzlich benötigte Strom fürs E-Auto kommt aus dem Dorf selbst, von Thomas Karles Biogasanlage. Er ist auch der Initiator des Projektes und wollte damit das Dorf weiter entwickeln und erreichen, dass die Einwohner elektrisch mobil sind. Denn Füßbach war bereits 2011 das erste Bioenergiedorf in Nord-Württemberg. Da lag es auf der Hand, den lokal erzeugten erneuerbaren Energie-Überschuss gleich lokal zu nutzen und so auch die Umweltbilanz der Fahrzeuge und die regionale Wertschöpfung zu fördern. Die Autos werden übrigens nicht direkt über die Biogasanlage, sondern über die normale 230-Volt-Steckdose mit Ökostrom (Naturstrom) aufgeladen.

Zu Beginn des Projektes war die Skepsis im Dorf gegenüber den Elektrofahrzeugen aber noch groß, hat er uns erzählt und folgenden praktischen Umsetzungstipp mit auf den Weg gegeben:

„Funktionieren die Elektroautos überhaupt? Haben die noch Mängel? Sind die schon praxisreif? Und da haben wir mal einen Tag lang Autos zum Testen hierher gestellt. Und dieser Tag war auch das Schlüsselerlebnis. Die Leute haben gesehen: Das sind vollwertige Autos und auch noch schick dazu.“

Für die Mitglieder teilt sich der finanzielle Aufwand in einen monatlichen Grundbetrag, der etwa die Hälfte der Mietkosten für die Firma „Lautlos“ deckt, und einen Leistungsbetrag. Der Grundbetrag ist nach Einzelpersonen (18 Euro), Ehepaaren (30 Euro) oder Firmen (90 Euro) gestaffelt. Der Leistungsbetrag ist die eigentliche Nutzungsgebühr und wird nicht wie üblich nach Kilometern, sondern nach den gemieteten und gefahrenen Stunden abgerechnet. Eine Stunde kostet vier Euro, ein halber Tag elf Euro, ein Tag 18 Euro und der Abend ab 19 Uhr acht Euro.

Wer ein Auto in Füßbach ausleihen will, muss es zuvor per Telefon oder direkt auf der Internetseite des Projektes buchen. Damit das System funktioniert und die Mobilität auch gewährleistet ist, muss man mindestens zwei Autos zur Verfügung stellen. Im Durchschnitt wird jeden Tag ein Auto genutzt. Damit arbeitet der Verein schon fast kostendeckend. Bei normaler Fahrweise kommt man mit dem E-Up in der Regel 120 Kilometer weit, was für kurze Strecken vollkommen ausreichend ist. Von Vorteil ist auch, dass das Stromtanken nicht berechnet, sondern von den beiden Firmen gesponsert wird. Das ist durchaus vertretbar, denn eine „Tankfüllung“ kostet zur Zeit ja nur etwa vier Euro.

Eine wichtige Rolle spielt in Füßbach die „coole“ Dorfgemeinschaft und dass man bereits gute Erfahrungen mit der Dorfsanierung und dem Aufbau eines Nahwärmenetzes gemacht hat. Der mit dem Carsharing verbundene Effekt zur Gemeinschaftsbildung und lokalen Identifikation sorgt nämlich auch dafür, dass mit den Autos pfleglich umgegangen wird und auf spezielle Regeln wie beispielsweise für die Reinigung verzichtet werden kann.

Von Jens Lilienbecker

Was? Wie? Warum? Bei unserem Büro für Geographie und Kommunikation beschäftige ich mich mit gesellschaftlichen Trends und zeige auf Zukunft der Region Chancen und Potentiale für Regionen und Gemeinden im ländlichen Raum.

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