Was ist ein gutes Netzwerk?

Nicht nur durch die Globalisierung und das Internet ist unsere Welt komplexer und dynamischer geworden. Langfristige Vorhersagen werden immer schwieriger und mit fertigen Konzepten lässt sich immer weniger arbeiten. Jedoch werden die Bereitschaft zu teilen und die Fähigkeit zur Kooperation immer wichtiger. Denn in einer vernetzten Welt ist Netzwerkbildung die einzig vernünftige Lösung, die man haben kann, lautet das Ashbysche Gesetz (Gesetz der gegengleichen Komplexität), das der britische Kybernetik-Pionier William Ross Ashby bereits in den 1950er Jahren formulierte.

Auch für die Entwicklung einer Region sind Netzwerke „…zentral, denn Regionalentwicklung heisst: zusammen denken, zusammen planen, zusammen realisieren und zusammen wachsen!“, was der Regionalmanager Maurizio Michael schön im Praxisblatt der Neuen Regionalpolitik der Schweiz auf den Punkt gebracht hat. Netzwerke eröffnen Regionen neue Möglichkeiten, um Akteure zu beteiligen, Innovationen zu entwickeln und regionale Wertschöpfungsketten zu schaffen.

Das Denken und Handeln in Netzwerken kennzeichnet jedoch einen neuen Ansatz: Nicht mehr einzelne Akteure und Projekte stehen im Vordergrund, sondern das Beziehungsgefüge der Akteure und damit die Region als Ganzes.

„Die Wissenschaft nennt das Synergie. Und ich glaube: Auf das kommt´s an!“, erklärt Dr. Thomas Röbke vom Landesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement in Bayern. „Man sollte nicht auf die Ordnungen schauen, man soll nicht auf die Partner unbedingt schauen, sondern auf das, was die Partner miteinander tun: Welche Beziehungen sie miteinander eingehen, welche Energie sie gegenseitig freisetzen“ (Video auf www.engagiertestadt.de, ein neues Programm zur Förderung des Bürgerengagements).

Sich gegenseitig nützlich sein und zusammenwirken funktioniert meistens nicht von alleine. Netzwerke brauchen jemanden, der sich um sie kümmert. Einen Moderator, Coach oder fachlichen Inspirator – aber keinen, der sagt, wo es langgeht: Denn in Netzwerken verläuft die Hierarchie nicht mehr von oben nach unten, sondern wird flach.

Augenhöhe statt Unterordnung lautet das Prinzip, das zur Zeit auch viele deutsche Unternehmen bewegt und das klassische Management grundlegend infrage stellt: „Wer braucht eigentlich noch einen Chef?“.

Der kürzlich verstorbene Netzwerkforscher Prof. Peter Kruse hat 2014 dazu eine Studie für das Forum Gute Führung erstellt. Die Ergebnisse der 400 Interviews mit Führungskräften aus Unternehmen unterschiedlicher Branchen und Größen sind erstaunlich: „Hierarchisch dominierte Vorausplanungen werden mehrheitlich abgelehnt. Die Zeit des Vordenkens und Anweisens ist vorbei. Die klassische Linienhierarchie wurde zum Auslaufmodell erklärt. Die Führungskräfte prognostizieren sich selbst organisierende Netzwerke und deren kollektive Intelligenz als Organisationsform der Zukunft.“

Damit Netzwerke funktionieren und sich selbst organisieren können, brauchen sie einen klar definierten Zweck. Außerdem klare Rahmenbedingungen bzw. Regeln, damit alle Nutzwerker wissen, welchen echten Mehrwert sie erwarten können und was von ihnen erwartet wird. Ein weiterer Erfolgsfaktor ist gute Kommunikation bzw. eine gute Gestaltung der Kommunikationsbeziehungen, um die Menschen zusammen zu bringen und das Geben und Nehmen möglich zu machen. Das persönliche Gespräch, echte Begegnungen und Diskussionen bleiben dafür unerlässlich, aber die digitale, intelligente Vernetzung (Regionalentwicklung 2.0) wird zunehmend wichtiger. Es muss jedoch nicht immer Facebook sein. Hier einige Tipps zu Ausprobieren:

Blog
Um für Transparenz zu sorgen und über das Netzwerk zu berichten, bieten sich Blogs an. Sie sind einfach zu führen und können von überall aktualisiert werden. Alles (Texte, Bilder, Video- und Audiodateien) kann eingefügt werden, was auch auf einer statischen Webseite möglich ist. Durch die Kommentarfunktion können Blogs zusätzlich als Kommunikationsmöglichkeit genutzt werden. Weil heutzutage Funktionalität und Einfachheit wichtiger sind als das Design, können fertige Content-Management-Systeme genutzt werden. Wer bei WordPress.com eine kostenlose Webseite einrichtet, kann sofort loslegen. Alternativ gibt es eine kostenlose, freie WordPress-Version auch bei WordPress.org, was jedoch aufwendiger ist, weil man sich um den Kauf einer Domain mit Webspace und Datenbank kümmern muss.

Newsletter
Die E-Mail wird meist stiefmütterlich behandelt. Doch weil eigentlich jeder eine E-Mail-Adresse hat, kann man damit alle Netzwerker erreichen, zu Veranstaltungen einladen und regelmäßig auf dem Laufenden halten. Bessere E-Mails gelingen mit Newsletter-Systemen, bei denen unterschiedliche Gruppen angelegt und dann separat angeschrieben werden können. Über ein Anmeldeformular können zusätzlich neue Interessenten gewonnen werden. Bei MailChimp sind pro Monat 12.000 E-Mails an 2.000 Abonnenten kostenfrei. Alternative: CleverReach

Terminfindung
Auch Termine lassen sich miteinander abstimmen. Das bekannteste Tool ist Doodle. Der Einlader trägt verschiedene Terminoptionen ein und verschickt per Mail einen Link an alle Teilnehmer. Am Schluss steht der Termin mit den meisten Teilnehmenden fest.

Dokumentation
Für die Verwaltung von Dokumenten bieten sich File-Sharing-Dienste an, auf die alle Netzwerk-Mitglieder zu jedem Zeitpunkt zugreifen können. Wichtig ist dabei, Standards der Dokumentation zu vereinbaren, z.B. Dateiformate, Dateibennungen, Ordnerstrukturen und Freigabehierarchien. Dropbox, Google Drive oder TeamDrive

Dokumentenmanagement
Um zusammen Dokumente zu erarbeiten oder Rückmeldungen einzuarbeiten, ist es nicht mehr notwendig, die unterschiedlichen Versionen per E-Mail hin- und herzuschicken. Mit Systemen für das Dokumentenmangement können mehrere Personen zeitgleich an einem Dokument arbeiten und so das Dokument korrigieren und ergänzen. Alle Überarbeitungsschritte bleiben sichtbar. Google Docs oder Etherpad

Arbeitsorganisation
Auch das dezentrale Arbeiten an Projekten ist für Netzwerkmitglieder praktisch. Inzwischen gibt es eine Vielzahl an Projektmanagementplattformen. Gemeinsam kann festgehalten werden, welche Aufgaben anstehen, bis wann und von wem sie zu erledigen sind oder welchen Status der Bearbeitung sie haben. Trello, Basecamp oder neu: Agantty

Umfragen
Um Anregungen und Ideen für gemeinsame Projekte zu gewinnen, können Umfragen hilfreich sein. Bei tricider können alle ihr Ideen eintragen, aber auch die Ideen von anderen bewerten und kommentieren, sodass am Ende ein komplexes Stimmungsbild entsteht. Detaillierte Fragebögen, die man auch zur Evaluierung von Netzwerkprozessen und -erfolgen nutzen kann, können bei Polldaddy oder SurveyMonkey online erstellt, abgefragt und ausgewertet werden.


Bildnachweis © drubig-photo – Fotolia.com

Von Jens Lilienbecker

Was? Wie? Warum? Bei unserem Büro für Geographie und Kommunikation beschäftige ich mich mit gesellschaftlichen Trends und zeige auf Zukunft der Region Chancen und Potentiale für Regionen und Gemeinden im ländlichen Raum.

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